FRANZ KALTENBECK
(1944-2018)
Franz Kaltenbeck, der gegen Ende des Zweiten Weltkriegs am 17. Oktober 1944 in Graz geboren wurde, reagierte besonders empfindlich auf die Wiederzunahme von rechtsextremen und fremdenfeindlichen Tendenzen in ganz Europa und besonders in seinem Geburtsland, in Österreich. Hierzu hat er am 15. Januar 2018 in der Zeitschrift Le Monde einen Artikel veröffentlicht, in dem er seine Sorge über die Wiederkehr der extremen Rechten in Österreich bekundet, in seinen Augen die Konsequenz des Fehlens von Erinnerungsarbeit (vgl. die deutsche Übersetzung unter dem Titel „Konsequenzen einer Lüge“ in „Lacaniana“ hier). Wie die vielen Tagungen und Seminare zeigen, die er seit mehr als 30 Jahren organisiert hatte, war eine apolitische Psychoanalyse für ihn undenkbar.
Nach der Schulzeit und dem Jurastudium in Graz, dann dem Studium der Slawistik in Wien leistete er in Salzburg und in der Steiermark seinen Militärdienst. Danach arbeitete er als Archivar, Übersetzer und Redakteur in einem Wiener Verlag, wobei er häufig nach Berlin und London reiste.
Mit etwa zwanzig verließ er Österreich, um dem Druck und der Zensur zu entfliehen die der Wiener Aktionismus erfuhr, dessen aktives Mitglied er war. Diese in Europa einflussreiche künstlerische Bewegung bemühte sich, mit dem Schweigen und der Verleugnung zu brechen, die in Österreich herrschten, bezogen auf die Mitverantwortung des Landes an den Naziverbrechen. Er beteiligte sich damals an mehreren Aktionen, zusammen mit seinem Freund Peter Weibel, heute Leiter des Zentrums für Kunst und Medien (ZKM) in Karlsruhe. Er gehörte zu einem literarischen Zirkel, der sich in den Wiener Cafés um den Dichter Reinhardt Priessnitz versammelte, dessen Biographie er später geschrieben hat (Reinhardt Priessnitz, der stille Rebell, 2006).